Die Europäische Union muss sich auf die Werte besinnen, die sie selbst immer wieder hochhält. Die Tradition von Humanismus und Menschenrechten, von bürgerlicher Revolution und also bürgerlicher Demokratie, die auch hier nur als Demokratie der Citoyen und nicht des Bourgois verstanden werden soll.
Dazu gehört auch, dass die Armen und Schwachen teilnehmen können an Kultur und Gemeinschaftsleben. Wir brauchen deshalb eine europäische Sozialcarta, welche sich an den Staaten mit den höchsten Standards orientiert. An Luxemburg zum Beispiel oder an Dänemark. Wir brauchen einen Gleichklang im Arbeitsrecht, einen einheitlichen Mindestlohn. Und auch hierbei muss die Orientierung auf den Gipfel und nicht ins Tal weisen. Wir brauchen eine Angleichungspolitik mit Zeitmarken.
Wir brauchen dazu aber auch den Schuldenschnitt mit Griechenland, Portugal und so weiter. Die Europäische Union braucht eine völlige Umkehr von der derzeitigen neoliberalen Politik zu einer Politik des sozialen Ausgleichs, soweit der – die Einschränkung ist notwendig – im gegenwärtigen Wirtschaftssystem möglich ist.
Zugleich braucht Europa sofort und ohne jegliche Zeitverzögerung eine Flüchtlingspolitik, die ie Grenzen endlich wirksam schleift. Die EU, mehr noch die Nato-Staaten in der EU, müssen sich eingestehen, dass es ihre verfehlte, kurzsichtige und überwiegend von Eigeninteressen geleitete Politik war und ist, die die Menschen zu Flüchtlingen degradiert hat. Es ist die Pflicht der europäischen Staaten diese Menschen aufzunehmen. Es braucht einen Finanzausgleich pro Flüchtling und die freie Residenzwahl für die Menschen; es braucht die Aufhebung von Arbeitsverboten, aber die Einhaltung von Mindestlöhnen. Es braucht die Gleichstellung von Flüchtlingen und einheimischen Transfergeldempfängern. Was wir nicht brauchen, sind Diskussionen um die Ausdünnung von Sozialleistungen und schon gar nicht die Fleischwerdung dieser Debatten. Was wir nicht brauchen, ist die Ausweitung der sogenannten sicheren Heimatländern, sondern die Abschaffung dieses Ausweisungsmittels. Grenzzäune und Lagerhaft sind der Tod der europäischen Idee. Die Solidarität mit den Schwachen die bereits hier leben und den Schwachen, die jetzt kommen, stärkt hingegen diese Idee. Die nötige gesellschaftliche Veränderung hin zu einem Zustand, in dem diese Schwachen herauskommen aus ihrer Armut und Aussichtslosigkeit ist dringend geboten. Und zwar unabhängig davon, ob die Schwachen schon immer in Gera gewohnt haben oder Aleppo stammen. Das würde nicht dazu führen eine egalitäre und ausbeutungsarme Gesellschaft zu schaffen, jedoch dazu, die Verwerfungen milder zu machen und also die Kraft derer zu stärken, deren objektives Ziel es ganz eigentlich ist, irgendwann das Elend hinter sich zu lassen.
Was Europa braucht
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