TTT und die feuchte Vagina

by | Jan. 2, 2025 | Wort & Freiheit | 0 comments

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Ihm soll Thilo Mischke nachfolgen. Mischke schrieb vor 15 Jahren das Buch „In achtzig Frauen um die Welt“. In diesem Buch ging es darum, dass Freunde der männlichen Hauptfigur die Weltreise bezahlten, wenn er achtzig Frauen auf dem Reiseweg verführen würde. Ich habe keine Ahnung, ob das Buch wirklich einen autobiografischen Charakter hat. Wer weiß schon, ob das Geschriebene auch das Erlebte ist? Ich will auch nicht darüber spekulieren.

Der Focus schrieb damals: „Die Reise hat ihn verändert, sagt Thilo Mischke. Seine größte Erkenntnis: Liebeskummer gibt es auf der ganzen Welt, und er funktioniert überall gleich, auch wenn sich die Betroffenen mit ihrem Schmerz alleingelassen fühlen.“ Welch eine Erkenntnis. Man denkt unwillkürlich an von Humboldt, an Magellan, an Darwin. Endlich hat jemand herausgefunden: Liebeskummer ist überall gleich. In Australien und Austria, im UK und in den USA.

Das Buch erfuhr schon damals Kritik. Und offenbar hoffte man, dass diese Kritik zu einer gewissen Selbsterkenntnis, ja Selbstkritik, beigetragen hätte.

Denn zumindest darf von einem Schriftsteller, einem Journalisten, ein Mindestmaß an Selbstreflexion erwartet werden. Mischke hat offenbar nicht reflektiert. Denn das Zitat „Frauen wurden hart vergewaltigt in der Urmenschenzeit und überlebt haben die, die den Gendefekt hatten ‚Meine Vagina wird feucht‘, weil sie eben keine inneren Verletzungen bekommen haben beim Geschlechtsverkehr“, ist fünf Jahre alt. Es ist natürlich inhaltlich völliger Unsinn. Durch nichts ist die Vergewaltigungsbehauptung an Fakten gedeckt; ein Hirngespinst wie der Unsinnsfilm (trotzdem gut) „Am Anfang war das Feuer“.
Das Zitat kann nur dann einen Sinn haben, wenn es als Relativierung von Vergewaltigung gilt. Mildernde Umstände durch biologische Veranlagung. Und so scheint es mir auch gemeint zu sein.

Wer, wie ja auch ich, in jungen Jahren einen Verleger findet, hat es geschafft, strukturiert, vielleicht auch nur akzentuiert, seine Gedanken zu Papier zu bringen. Er hat über Sprache reflektiert, sonst gäbe es ja kein Ergebnis. Und er kann, wenn er zugleich noch journalistisch arbeitet, auch Ereignisse bewerten, einordnen und wiedergeben. Diese Fähigkeit macht es unmöglich, ihn mit dem gleichen Maßstab zu messen, wie andere, nicht sprachbasiert arbeitende Personen. Dabei kann es natürlich zu einer Ferne von dem kommen, was man vertreten hat. Aus Saulus kann Paulus werden. Aber um dies zu erkennen, muss der Paulus den Saulus öffentlich vorführen und sich selbst von ihm fortführen. Nachvollziehbar. Wer aber notorisch immer wieder in die gleiche Kerbe haut, macht eben das nicht. Allerdings, war Mischke gar nicht jung. Er war 29, so hörte ich, als er das Buch schrieb, respektive, als es veröffentlicht wurde. Da führte er bereits zwei eigene Firmen und schrieb für den dpa-Themendienst, das Lifestylemagazin VICE, Prinz, GQ, Playboy, NEON, Penthouse, Cosmopolitan, Musikexpress und Die Zeit (Quelle: Wikipedia).

Ich will nicht, dass dieser Mann TTT leitend moderiert. Ich will das nicht, weil ich fest davon überzeugt bin, dass der ÖRR sich an moralische und ethische Werte halten muss. Wenn gilt, dass „die Scham die Seiten wechseln muss“, dann kann man nicht jemanden eine solche Sendung moderieren lassen, der Vergewaltigung als evolutionsbedingte Verhaltensweise abtut und Frauen als Medikamente für seinen Liebeskummer (In achtzig Frauen um die Welt) benutzt. Dazu hätte es einer sichtbaren, lesbaren, anschaubaren Selbstreflexion bedurft. Aber die scheint es nicht zu geben.

Beitragsbild: Urmensch (Neanderthaler), nach Mischke ausgestorben wegen fehlerhaftem Vergewaltigungsresponse der Neanderthalerinnen (Vagina nicht feucht). Quelle: Wikipedia, Pressebilder Neanderthal Museum, CCL SA 4.0 I

Leander Sukov

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