Als ich gestern den kurzen Text über politische Lürk im 21. Jahrhundert schrieb, wollte ich zu den Namen der männlichen Poeten auch weibliche fügen. Indes – es gebrach mir an diesen.
Bei Louise Aston war es natürlich kein Problem, ich bin der Generalsekretär der Gesellschaft, die einige engagierte Menschen für sie errichtet haben. Aber schon bei Mascha Kaleko musste ich nachsehen: Ich kannte „aus dem Kopf“ nur ihre andere Dichtung. Nun kann ich natürlich mit meinem schlechten Namensgedächtnis entschuldigen, nicht viele Namen zu wissen. Aber die Fehlstellen sind nicht gleichmäßig, quasi quotiert verteilt. Ich kenne mehr Männer als Frauen. Vermutlich gab es mehr männliche Dichter Dichter politischer Lyrik, aber dennoch: Müsste ich nicht wenigstens aus dem Stegreif soviele Frauen kennen, dass ich eine vernünftige, also gleichzählende Reihung hinbekommen könnte?
Das hat mit mir zu tun. Und mit der Gesellschaft, in der ich und wir alle leben. Die stetige Überlagerung aller Prozesse mit vorwiegend männlichen Agierenden bringt es mit sich, dass Frauen nicht präsent sind. Sie werden von der eigenen Erinnerung nicht präsentiert. Man muss sie suchen. In der eigenen Erinnerung und in den Analen.
Obwohl es viele Frauen in der Literatur gibt, heute mehr als früher, obwohl der Vorstand des Schriftsteller:inne-Verbandes* von einer Frau geführt wird und es der PEN in Deutschland bis zur letzten Jahrestagung wurde, sind Frauen in der Rezeption der sogenannten Hochkultur unterrepräsentiert.
Die Welt der Literatur ist keine bessere Welt als jede andere. Sie ist von Männern dominiert und sie leidet auch unter Mansplaning und Platzhirschgehabe. Sie ist voll von Altenweißenmännern, die zwar jedes Geschlecht und jedes Alter haben können, aber meistens halt doch alte, weiße Männer sind.
* Gemeint ist der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di. Bundesvorsitzende dort ist Lena Falkenhagen.
Die Präsidentin des PEN war bis zur Tagung in Frankfurt/Main (Paulskirche) in diesem Jahr Regula Venske.
Leider sind nicht alle Frauen so solidarisch, dass sie für einander kämpfen. Ganz im Gegenteil. Dass Sie in der künstlerischen Männerwelt besser bewandert sind ist nicht Ihre “Schuld”, das liegt an unzählige Faktoren, die leider auch von Frauen mit verantwortet sind.