Die FAZ titelt launig “Guttenberg schreibt Doktortitel vorerst ab” und auch anderenorts ist man in Helaustimmung. Dass es den bereits als künftigen Kanzlerkandidaten oder – je nach Gusto und landsmännischer Bestimmung – bayrischen Ministerpräsidenten gehandelten Verteidigungsminister kalt erwischt hat, freut offenbar nicht nur Merkel und Seehofer.
Aber um den Doktortitel soll es mir nicht gehen. Plagiat hin oder her … die akademische Verfehlung mag ein schlechtes Licht auf den Menschen Guttenberg werfen – falls die Vorwürfe denn stimmen, was keineswegs gesichert ist. Sie lenkt allerdings von dem ab, was die Aufgabe der Funktionseinheit Verteidigungsminister ist.
Mit einer Wehrpflichtigen Armee ist kein Krieg im XXI. Jahrhundert zu machen. Jedenfalls keiner, der ist, wie die Kriege der Nato und der Europäischen Gemeinschaft sind. Mit Rekruten kann dem Weißbuch der Bundeswehr aus dem Jahre 2006 nicht gerecht werden: „Die Entfaltung und zunehmende Vernetzung internationaler Handels-, Investitions-, Reise-, Kommunikations- und Wissensströme eröffnet in erster Linie neue Chancen. Deutschland hat aufgrund seiner immer engeren Verflechtung in der Weltwirtschaft besonderes Interesse an internationaler Stabilität und ungehindertem Warenaustausch. […] Verwerfungen im internationalen Beziehungsgefüge, Störungen der Rohstoff- und Warenströme, beispielsweise durch zunehmende Piraterie, und Störungen der weltweiten Kommunikation bleiben in einer interdependenten Welt nicht ohne Auswirkungen auf die nationale Volkswirtschaft, Wohlstand und sozialen Frieden. […] Energiefragen werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle spielen. […] Deutsche Sicherheitspolitik muss auch Entwicklungen in geografisch weit entfernten Regionen berücksichtigen, soweit sie unsere Interessen berühren. […] Deutsche Sicherheitspolitik beruht auf einem umfassenden Sicherheitsbegriff. Risiken und Bedrohungen muss mit einem abgestimmten Instrumentarium begegnet werden. Dazu gehören diplomatische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische, polizeiliche und militärische Mittel, wenn geboten, auch bewaffnete Einsätze. Letztere sind mit Gefahren für Leib und Leben verbunden und können weit reichende politische Folgen nach sich ziehen.“ (Quelle: wikipedia)
Guttenbergs Aufgabe also war – und zur Zeit ist sie es auch noch – die Voraussetzungen zu schaffen, zukünftig international und völlig unverbrämt den Interessen des deutschen Kapitals militärisch Nachdruck zu verleihen oder sie ggf. gegen die inneren Interessen anderer Staaten durchzusetzen. Dazu kommt, als dauernde Stabilisierungsmaßnahme der Krieg in Afghanistan. Auch dort sind Wehrpflichtige nicht zu gebrauchen. Man hat Bedarf an einer Berufsarmee – und die musste gegen den Widerstand in weiten Teilen von CDU/CSU aber auch in der SPD durchgesetzt werden. Wer konnte und kann den Job besser machen, als der Charmingboy aus Bayern.
Die Arbeit aber ist nunmehr fast erledigt. Worauf es jetzt ankommt, ist die Ausstattung der Bundeswehr z.B. mit Drohnen, mit gepanzerten Fahrzeugen für den Kampf in bebautem Gelände und die Schaffung des modernen Soldaten, der ausgerüstet mit Hightech in der Lage ist, wesentlich effektiver eingesetzt zu werden, als der übliche Landser. Dazu braucht es einen Guttenberg nicht mehr. Das kann jeder anständige Parteisoldat aus der Regierungskoalition. Ein guter Moment, den ambitionierten Freiherrn auf ein Maß zurecht zu stutzen, welches künftige Chefambitionen in München, wie in Berlin verhindert.
Leider ein – unter antimilitaristischen Gesichtspunkten – zu später Zeitpunkt.
Guttenbergs Abschreibversuch ist einfach ein gutes Indiz für die Art des Freiherrn mit Problemen um zu gehen. Er geht ihnen einfach aus dem Weg, delegiert sie weiter und weist jede Schuld von sich wenn was schief geht.
Akademische Unredlichkeit ist mehr als nur ein Kavaliersdelikt. Wer da schummelt, schummelt auch sonst überall.