Die Hamas,de facto die bewaffnete Kraft der Regierung des Gaza-Streifens, hat am 7. Oktober 2023 Israel überfallen und dabei das opferreichste Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Ende der Herrschaft des deutschen Faschismus in Europa verübt. Dieses Massaker, mit unsäglichen Taten gegenüber Kindern, Frauen und Männern, war die Explosion, die zu jenem Feuer geführte, das nun in der Region ausgebrochen ist. Dabei soll nicht vergessen werden, dass alle kriegerischen Handlungen, stets und einseitig ihre Ursache in arabischen, nun in palästinensischen, Aggressionshandlungen hatten.
Das schreckliche Massaker und die Gräuel aber rechtfertigen nicht das Vorgehen der IDF, der Israelischen Verteidigungsarmee. Wer weiß, dass sein Gegner die eigene Zivilbevölkerung in Geiselhaft hält und als menschliche Schutzschilde missbraucht, kann nicht unter Berufung auf diese Tatsache und in einer Art akzeptierenden Fatalismus‘ militärische Aktionen durchführen, die ebendiese Zivilbevölkerung zum Opfer haben. Selbstverständlich ist die Ausschaltung der Hamas als handlungsbefähigte Kraft ein Ziel, das nicht nur gewünscht, sondern auch aktiv angestrebt werden sollte, aber mit Mitteln, die nicht – mindestens – in der Grauzone des Völkerrechts liegen.
Heute hat Israel wiederum Bewohner des Gazastreifens zur Flucht aus bestimmten Gebieten aufgerufen. Aber wohin sollen diese Menschen fliehen, die versuchen, in mehreren Kreisbewegungen, den Angriffen der IDF zu entkommen und ja auch den Aufforderungen Israels folgen, wenn dann die Hamas die Fluchtpunkte nutzt, um von dort Israel und die IDF anzugreifen – was zu Gegenangriffen führt, die wiederum die Zivilbevölkerung treffen.
Es muss jetzt ein Waffenstillstand her und auch eine Aufarbeitung des Vorgehens der Kriegstaktik der Hamas und der Israels. Auch nach internationalem Recht, denn es kann nicht zwei Rechte geben. Abweichungen – siehe den Kosovo – sind der Weltgemeinschaft immer wieder auf die Füße gefallen, weil sie Argumentationsketten für Aggressionen eröffnen.
Selbst in Israel wird eine andere militärische Vorgehensweise gefordert. Auch, aber nicht nur, von Angehörigen der Geiseln. Und diese andere Vorgehensweise ist dringend nötig. Denn sonst wird der so alte Konflikt kein Ende finden können. Wer immer neue Generationen schafft, deren Erinnerung von Tod, Leid und Armut geprägt ist, schafft auch immer neues Potential für Gewalt. Da nützt es nichts, festzustellen, dass Gaza ein Singapur am Mittelmeer hätte werden können, wenn die Hamas nicht die internationalen Hilfsgelder in militärische Projekte, zum Beispiel den Tunnelbau, gesteckt hätte. Mit „hätte, hätte, Fahrradkette“ ist keine Zukunft zu gewinnen. Die kann dann entstehen, wenn unter internationalem Schutz (Polizeitruppen aus mehreren, quasi „unverdächtigen“ Ländern mit robustem Mandat) und massiven Wiederaufbauleistungen der Gazastreifen aufgebaut wird. Dazu wird auch gehören müssen, das Leid der Opferfamilien durch Entschädigungszahlungen zu mindern. Die Wirtschaft in Gaza muss dauerhaft gestärkt werden, langfristige Lebensperspektiven, Schulen, Ausbildung, Hochschulen, Hightech-Unternehmen, Landwirtschaft und Überseehandel … damit kann mittelfristig Frieden erreicht werden. Eine globale Perspektive für die Palästinenser bei gleichzeitiger Sicherheit für die Existenz Israels, ist vonnöten. Der – auch nach Meinung der deutschen Regierung – völkerrechtswidrige Siedlungsbau muss unterbunden werden, die schon errichteten Siedlungen auf palästinensischem Gebiet brauchen eine sichere und palästinafreundliche Einbettung … beispielsweise durch die Zuordnung zu den Fiskal- und Zollgesetzen der palästinensischen Selbstverwaltung bei gleichzeitiger Zuständigkeit israelischer Straf- und Zivilgerichte. Will man die Siedlungen nicht mittelfristig räumen müssen, braucht es eine Reservatslösung für sie. Ohne Prosperität in Israel und in den palästinensischen Gebieten wird es kein Frieden geben. Sicher ist aber auch, dass Bedrohung kraftvoll entgegengetreten werden kann. Deshalb braucht es deutliche Existenzgarantien für Israel und die Aufrechterhaltung der militärischen Stärke der IDF. Zugleich müssen Israels Freunde deutlich machen, dass das Vorgehen in Gaza ein Ende haben muss und sich so nicht wiederholen darf.
Leander Sukov
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