Friedenswinter

by | Dez. 15, 2014 | Wort & Freiheit | 3 comments

"Sie ist kein Verteidigungsbündnis, sie ist das aggressivste Bündnis, das die Menschheit je gesehen hat!" Eugen Drewermann über die NATO auf der Demonstration des "Friedenswinters" vor dem Schloß Bellevue.

Ach, es ist alles eins.
Dass es niemanden mehr kratzt, ob Ken Jebsen die Zahl der Amerikaner mit "jüdischen Roots" im us-amerikanischen Medienwesen vorzählt und mit ihrem Anteil an der us-amerikanischen Bevölkerung vergleicht (um gleich danach zu sagen: das sein nur mal so eine Frage, wie nach der Zahl der Japaner. Und man sei ja kein Antijapaner, wenn man das fragen mal würde).
Und dann geht der Arm in Arm mit Dehm in der ersten Reihe und spricht vom Wagen der Mahnwachen auf der Demo in Berlin.

Dass es niemanden aus den Reihen der Unterstützer kratzt, wenn sich Mährholz mit radikalen Rechtskonservativen wie Prof. Vogt trifft — und dann als Hauptunterstützer unter dem Berliner Regional-Aufruf zur Demonstration steht.

Dass es niemanden kratzt, wenn der LINKE-Abgeordnete Gehrke Jebsen Interviews gibt oder wenn Drewermann das auch tut.

Weshalb sollte es da kratzen, dass auf einer Kundgebung, die vor einem neuen Weltkrieg zu warnen vorgibt, die Achsenmächte* ihrer Rolle als das aggressivste Bündnis, das die Menschheit gesehen hat, verlustig gehen und damit die 50.000.000 Tote des Zweiten Weltkrieges deklassiert werden.

Es ist zum Kotzen.

Nichts wird mich dazu bringen, dieser von Rechts nach Links zusammengeschusterten völkischen Friedensbewegung nahe zu treten. Nichts. Keine Beschlüsse, keine Aufrufe. Keine honigsüßen Worte, keine taktischen Spielchen und strategischen Raffinessen.
Solange solche Leute, wie Jebsen und Mährholz, wie Frings und andere dort agieren, gibt es für mich eine unüberwindliche Barriere. Solange sich dieses sogenannte Friedensbündnis nicht auch mit aller notwendigen Kritik gegen die Politik Russlands wendet, solange die Innenpolitik der Ukraine mit den in der Tat aktiven und inzwischen arrivierten Faschisten im Staatsapparat zu Recht kritisiert wird, die Innenpolitik Russlands zu Unrecht aber nicht, gibt es für mich keine Nähe zu dieser Bewegung. Solange große Teile strukturell antisemitisch agieren, solange man mit Sankt-Georgs-Bändchen, mit militärischen Accessoires also, herumläuft, solange man Russia Today hofiert und damit jene, die in ihrem deutschen Programm die ausländerfeindliche und schwulenhassende Innenpolitik Russlands verkaufen, solange werde ich nicht Teil werden, dieses Konstrukts klarer Herkunft.
Ja, ich weiß, die meisten die da mitlaufen, laufen besorgt um den Frieden mit. Sie sind es nicht, an die sich meine Kritik wendet, die Ziel meiner Ablehnung sind. Ich meine die Reichsbürger, die Völkischen, die verhohlenen und unverhohlenen Antisemiten, die, die immer noch die Mär von der jüdischen Weltverschwörung verbreiten, dieses kleinbürgerliche Schreckgespenst, das über Jahrhunderte für Mord und Totschlag gesorgt hat. Und jene, die sich ihrer bedienen oder die selbst offen oder verdeckt Teil dieser Gruppen sind.
Aber es kann auch keine Gemeinsamkeit mit Gruppen geben, die auf der Höhe der Mordtaten des sogenannten "Islamischen Staates" dazu aufrufen ihn an den Verhandlungstisch zu bitten, ihn an der Regierung im Irak zu beteiligen. Das ist eine mörderische Dummheit, eine unentschuldbare Ignoranz. Aber es ist natürlich in erster Linie eine fehlerhafte Lageeinschätzung. Das ist umkehrbar. Die Umkehr wird aber nichts nützen, mir nichts nützen, wenn man sich dabei unterhakt bei jenen, zu deren Welt unverrückbar die Offenheit nach rechts gehört oder die, schlimmer noch natürlich, zu jener Rechten gehören, die heute für den Frieden vor dem Schloss Bellevue demonstriert und morgen in Dresden gegen Ausländer.
Das wären, sagt man mir immer wieder, wenige nur, eine kleine Gruppe nur noch. Sie wären da gewesen, am Anfang, so wie bei neuen Bewegungen auch immer am Anfang die Spinner auftauchen. Aber weshalb sind dann diese Leute nicht auch weg aus der Werbung für diesen Friedenswinter? Man will nach Rechts integrieren. Man wird nach Rechts integriert. Das ist die Crux.

Nein, solange diese Friedensbewegung so verfasst ist, wie sie verfasst ist, werde ich ihr Teil nicht sein. Ein Teil all jener, die Frieden nicht nur als Abwesenheit von Krieg verstehen, war ich immer schon und ich bleibe es.

* (das faschistische Deutschland, das faschistische Italien, das Kaiserreich Japan und andere)

3 Comments

  1. Haben sich Jörg Wellbrock, Berger und Müller eigentlich schon von Ihnen ‘entfreundet’?

Submit a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die Datenschutzbestimmungen und Nutzungsbedingungen von Google

In Vorbereitung

Zum Ende 2022

Die Liebe ist ein reißendes Tier

Liebe und Verlorenheit

“Warten auf Ahab” und seine Fortsetzung. Vollständig überarbeitet. Ein Roman voll Liebe und Liebesleid, Kampf und Hoffnung.