Der meiner Meinung nach sowohl homophobe als auch rassistische Verschwörungstheoretiker und Journalist Jürgen Elsässer teilt auf seinem Blog mit, das LG München hätte seinem Ersuchen um Erlass einer Einstwilligen Verfügung stattgegeben, mit welcher Jutta Ditfurth untersagt werde, ihn fürderhin als "glühenden Antisemiten" zu bezeichnen. Ditfurth hatte diese Charakterisierung in einem Interview auf 3Sat verwendet. Es wird nun zu einem Hauptsacheverfahren kommen, und ich hoffe, dass dann in der Sache gegen Elsässer entschieden wird. Denn in der Tat: Da ist ein mehr als glimmender antisemitischer Unterton im Subtext mancher Artikel, in seinem Verhältnis zu Leuten wie Ahmadinedschad und seiner Sicht auf eine angebliche New World Order zu erkennen.
Man muss Antisemiten als Antisemiten bezeichnen dürfen.
Sicher ist: Selbst bei einem negativen Ausgang des Hauptsacheverfahrens für Jutta Ditfurth wird der Vorwurf nicht aus der Welt sein. Elsässer wird weiter klagen müssen. Das verspreche ich ihm. Und ich werde nicht der Einzige sein, der – nicht nur dann – versuchen wird gerichtsfest zu untermauern: Der Mann ist ein Antisemit. Ein glühender.
Foto: Wiljo Heinen (Creative Commons Licence 3, Wikipedia) | Elsässer 2008
” Das Vorgehen von Jürgen Elsässer zeigt übrigens auf ganz hervorragende Weise das taktische Verhältnis dieses Mannes zur Wahrheit. Er hat vor einem Münchner Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Frau Ditfurth erwirkt und stellt es so dar (und mit ihm seine Verteidiger aus dem Umfeld diverser Friedensmahnwachen), als wäre dies bereits ein Urteil zu seinen Gunsten.
Was passiert bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung? Das Gericht sieht sich den Fall an, und zwar sehr oberflächlich, denn die Zeit drängt. Das nennt man eine summarische Prüfung. Es steigt in der Regel noch nicht in die Hauptsache ein, denn das verbietet der Gesetzgeber und weil es ja eilig ist (der Antragsteller fürchtet einen Schaden für sich) prüft es im Grunde erst einmal nur, ob das Anliegen nicht gänzlich schwachsinnig ist.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht also geprüft, ob Frau Ditfurth Herrn Elsässer als Antisemiten bezeichnet hat. Geschenkt, hat sie. Dann hat es sich die Frage gestellt, ob zumindest die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass dem nicht so ist, er folglich möglicherweise in seinen Persönlichkeitsrechten (in diesem Fall tatsächlich seiner Ehre) verletzt sein könnte. Das hat es vollkommen zu Recht bejaht.
Das Gericht ist also zum Schluss gekommen, dass Herr Elsässers Anliegen kein totaler Blödsinn ist. Herzlichen Glückwunsch!
In einer zweiten Stufe muss das Gericht dann im Eilverfahren die betroffenen Rechtsgüter abwägen. In diesem Fall sind das das Persönlichkeitsrecht des Herrn Elsässer und das Recht auf freie Meinungsäußerung von Frau Ditfurth. Es muss sich die Frage stellen, welcher Partei zuzumuten ist, bis nach der Hauptverhandlung ihr Recht hintenan zu stellen.
Das Eilverfahren ist auf gut Deutsch dazu da sicherzustellen, dass der Antragsteller nicht am EndeRecht bekommt und dann trotzdem mit leeren Händen dasteht. Man kann als Beispiel einen Hausbesitzer nehmen, der behauptet sein Haus legal gebaut zu haben, und eine Behörde, die das Gegenteil behauptet und das Haus abreißen lassen will. Der Hausbesitzer beantragt vorläufigen Rechtsschutz, damit, sollte er im Hauptsacheverfahren gewinnen, nicht dennoch ohne Haus dasteht.
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht also abzuwägen, wem es mehr zumutet: Herrn Elsässer, wenn er sich bis Prozessende als Antisemiten bezeichnen lassen muss und am Ende entscheidet das Gericht, dass es für diese Tatsachenbehauptung nicht genügend Belege gibt, oder Frau Ditfurth, wenn man ihre dieses Aussage vorläufig verbietet, es ihr aber wieder erlaubt, sobald der eigentliche Prozess abgeschlossen ist. Wie bekannt, hat sich das Gericht entschieden, dass in diesem Fall, es besser ist Frau Ditfurths, Meinungsfreiheit vorläufig einzuschränken.
Ein Urteil über ihre Aussage ist das noch nicht. Darf es gar nicht sein, denn wie erwähnt, verbietet der Gesetzgeber eine Vorwegnahme des Hauptsacheurteils im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Das Gericht sagt nur: Wenn Herr Elsässer Recht haben sollte, ist der Schaden, der bis dahin entstünde, schwerer wieder gutzumachen als der Schaden der Frau Ditfurth entsteht, wenn sie jetzt diese Aussage erst einmal nicht mehr machen darf, denn sollte sie gewinnen, war ihre Meinungsfreiheit nur temporär eingeschränkt. Kann man vertreten, muss man aber nicht.
Herr Elsässer weiß das genau. Und falls nicht, weiß es sein Anwalt und dürfte ihm das auch mitgeteilt haben. Es ist natürlich kein Zufall, dass sein Anwalt beim Münchner Gericht Klage eingereicht hat, denn dieses Gericht ist dafür bekannt, selbst in eher zweifelhaften Fällen, das Persönlichkeitsrecht über die Meinungsfreiheit zu stellen und dafür überaus freigiebig mit einstweiligen Verfügungen zu sein. Wann immer ein Medienanwalt die Berichterstattung über seinen Mandaten unterbinden will, geht er nach München.
Ich kann das hier übrigens so ausführlich darstellen, weil ich über das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes meine Examensarbeit geschrieben (8 Punkte) und mir das alles so dermaßen ins Hirn gerammt habe, dass es auch nach sieben Jahren immer noch abrufbar ist.
Was Herrn Elsässer und seine Fans auf den Montagsdemos angeht, zeigen sie einmal mehr, dass sie nur eine Form von Wahrheit kennen: Verkürzte Wahrheiten. Also die Art Wahrheit mit den ganz, ganz, ganz kurzen Beinen. “
Sehr geehrte Kathrin Berger,
Vielen Dank für Ihre Aufklärung der Rechtslage. Welche Schriftgröße müsste ich eigentlich verwenden, wenn ich Ihre vollständige Wahrheit lesbar auf einem Demoplakat unterbringen wollte?
Oder sollte ich besser eine Rede halten? Könnten Sie mich beim Thema: “taktisches Verhältnis zur Wahrheit” noch argumentativ etwas unterstützen?
zum Beispiel zu krachende Niederlage vs. kein Urteil zu seinen Gunsten
Elsässer schreibt: “Großer Erfolg für Montagsdemonstrationen: Landgericht München verbietet der Ex-Grünen unter Androhung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft die Schmähung Elsässers”
Sie schreiben: “Er hat vor einem Münchner Gericht eine einstweilige Verfügung gegen Frau Ditfurth erwirkt und stellt es so dar (und mit ihm seine Verteidiger aus dem Umfeld diverser Friedensmahnwachen), als wäre dies bereits ein Urteil zu seinen Gunsten.”
Elsässer schreibt: “Verfügung entfaltet schon jetzt Rechtswirksamkeit unabhängig von einer späteren Hauptverhandlung, die Ditfurth betreibt.”
Die Daten:
Die rechtswirksam angedrohte Strafe beträgt bis zu 250.000 € bzw. 6 Monate Ordnungshaft. Die Kosten des Verfahrens mit einem Streitwert von 15.000 € trägt die Antragsgegnerin.
Das bedeutet die Kosten für den Anwalt von Elsässer in Höhe von ca. 2000 € und die Gerichtsgebühren von ca. 800 €, zusammen 2800 € muss Frau Ditfurth jetzt auf jeden Fall erstmal zahlen. Sollte Sie gegen die eAO verstossen, wird es sehr teuer oder unfrei, zumindest bis zu einer HS-entscheidung.
Sie erklären ja die einstweilige Verfügung ausführlich, weil “über das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes meine Examensarbeit geschrieben (8 Punkte)”
Ich fasse mal stichpunktartig zusammen:
1. Gericht sieht sich Fall sehr oberflächlich an, summarische Prüfung
2. es ist eilig
3. prüft ob Anliegen nicht gänzlich schwachsinnig ist
4. prüft ob ernsthafte Möglichkeit der Rechtsverletzung besteht
5. wägt Rechtsgüter ab
6. vorläufige Sicherung des Rechtsgutes bis zur HS-Entscheidung
7. kein Urteil über Rechtsgut, Vorwegnahme verboten
Einige Fragen hätte ich hierzu:
Warum arbeitet das Gericht denn sehr oberflächlich und prüft nur ob Anliegen nicht gänzlich schwachsinnig ist? Die Kosten sind dafür ziemlich hoch. Wäre eine ordentliche Prüfung auf Zulässigkeit (Legitimation), Glaubhaftmachung der Verletzung des Rechtsguts (Beweisangebot) und der Eilbedürftigkeit (unmittelbare Schädigung, Wiederholungsgefahr) nicht angemessener bei den hohen Kosten und der angedrohte Strafe? Ist ein HS-Verfahren und eine HS-Entscheidung überhaupt zwingend oder muss die HS beantragt werden? Wer ist in der HS Kläger, wer Angeklagter? Wie lautet die Klage?
Sie können mir sicher kurzfristig bis Montag hierzu ein paar Tipps geben, wenn Sie “das alles so dermaßen ins Hirn gerammt habe, dass es auch nach sieben Jahren immer noch abrufbar ist.”
Mit freundlichen Grüssen
Lutz Lippke