Die nötige Spökenkiekerei

by | Aug. 17, 2019 | Wort & Freiheit | 0 comments

Scholz wird, falls die SPD ihn zum Vorsitzenden und damit auch zum Kanzlerkandidaten macht, zu einem ihm passenden Zeitpunkt aus der Großen Kolalition ausscheiden, und zwar mit einem Thema, mit dem er zugleich die Grünen und die CDU vor sich hertreiben kann.
Ich nehme an, das wird etwas im Bereich Mindestlöhne oder Bauen sein. Aber es kann auch etwas ganz Anderes zum Anlass genommen werden. Er wird nach seiner Wahl sukzessive den Ton verschärfen und Kamp-Knarrenbauer angreifen. Das Ziel, so glaube ich, ist es, die CDU nach rechts zu drücken und die liberale Wählerschaft der CDU zur Sozialdemokratie zu ziehen.
Auch wird er die Auseinandersetzung mit den Grünen suchen, aber dort eher fordernd, nicht abgrenzend und nicht zu hart im Duktus sein. Einen wesentlichen Punkt wird ein Bürgergeld nach Art der Sozialdemokraten darstellen, das von ihm sicherlich als Hartz-IV-Ersatz in die Regale gestellt werden wird. Allerdings wird es praktisch den gleichen Inhalt wie die derzeitige Regelung haben.
Beim Arbeitslosengeld I wird er eine massive Verlängerung versprechen und auch bei der Leiharbeit wird er optische Korrekturen als Hoffnung auf Änderung vorstellen.

Es ist damit zurechnen, dass er sich eher auf Helmut Schmidt berufen wird, als auf Schröder, und eine Verbindung zu Willi Brandt herzustellen versucht.

Die notwendigen Angriffe auf die AfD wird er an die Nähe der SPD zu den Gewerkschaften koppeln (Arbeitnehmerrechte usw.) und immer wieder auf die Rede von Otto Wels verweisen.

Scholz ist der Scholzomat, wenn er Scholzomat sein will. Er kann jederzeit auch anders. Kämpferische und zugleich landesväterliche Auftritte beherrscht er und er hat die Fähigkeit die Zuhörer mitzunehmen. Er ist eine Art von Helmut Kohl der SPD. Wenn er der nächste Kanzler wird, oder vielleicht auch erst der übernächste, dann wird er es für mehr als eine Legislaturperiode bleiben.

Scholz ist nicht Schulz. Er ist das Gegenteil eines gutmütigen Sozialdemokratens, der geführt wird, statt zu führen. Scholz führt. Und er führt beinhart, unerbittlich und auch durch Sanktionen, personelle Entscheidungen und Rauswürfe. Sein Ziel ist es, die CDU und die Grünen zu überrunden. Da für die CDU voraussichtlich Kamp-Knarrenbauer antritt und sie schlechte Zustimmungswerte behalten dürfte, und Habeck unter Druck unsicher reagiert, könnte das gelingen.

Die Linken, die hinsichtlich der Spitzenkandidatur völlig in der Luft hängen, müssen jetzt endlich handeln. Oder sie sind erheblich gefährdet. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich nicht ausschließen, dass der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde gefährdet ist, weil die Partei zu ruhen geruht. Und natürlich muss die kommende Spitze alle Teile der Partei mitnehmen. Das kann nur Janine Wissler. Es ist höchste Zeit, dass DIE LINKE zur Besinnung kommt. Wahlen werden eben nicht (nur) durch Programme, sondern (in erster Linie) durch die Köpfe gewonnen, die die Parteien repräsentieren.

 

Foto: SPD in Niedersachsen [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)]

Leander Sukov

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