Der Irr-Turm

by | Jun 17, 2013 | Wort & Freiheit | 0 comments

Da ist er wieder der tellkampsche Turm. In der ARD. In großer Besetzung und in rembrand’schen Farben. Manche Einstellung so, wie man im Westen den Faschismus zu filmen sich angewöhnt hat. Dazu, diesen Einstellungen so zugehörig, wie dem Schweinebraten die Knödel: kittelbeschürzte Frauen, Männer in Anzügen, die ein wenig aus der Zeit gefallen sind, ein wenig nur, aber genug, dass auch gleich die ganze Film-DDR aus der Zeit fällt. In das Allerlei des Totalitarismus, in diese antikommunistische Dummheit.
Das Buch schon war schlimm, war gut geschrieben, ja, ohne Frage, und doch blieb mir die Sprache leer, blieben mir die Figuren Abziehbilder. Und beim Lesen erinnerte ich mich einmal mehr an den Comic aus den siebziger und achtziger Jahren dvJ, der “Der Mann mit dem weichen Hut” hieß. Auch da litt die Bourgoisie an ihren eigenen Lebenslügen. So, wie bei Tellkamp. Wir sind das Volk? Nein, nicht ohne spezielle Betonung sagen die das, die Türmer. Die betonen das Wir. Und sie meinen es auch so. Die anderen sind letztlich nur der Pöbel, mit dem man sich arrangieren muss, solang’ man ihn nicht von der Macht bekommt.
In der ARD also wieder die Türmer. Die blicken zurück nun, blicken zurück aus kommoden Eigentumswohnungen in ehemaligen Proletenquartieren, aus netten Reihenhäusern und hübschen Villen. Fast alle. Fast alle – die nämlich nur, die’s geschafft haben. Die anderen blicken zurück mit leicht unterscheidbarem Blick.
Aber die sind es dann, in derem Blick die übliche Mischung aus Hähme, Zorn und Zynismus nicht zu finden ist. Und die schreiben dann nicht, die Hoffnung habe ich, in großer Sprache eine kleine Ideologie des unteren Korps des Großbürgertum.

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