Darling, sie haben doch etwas in das Trinkwasser getan …

by | Jan. 25, 2017 | Wort & Freiheit | 0 comments

Der angehende Autokrat aus Washington greift die Pressefreiheit an. Nun mag man einwenden, auch vorher schon, wie bei den Protesten der Indianer, wären Journalisten festgesetzt worden. Indes kann man mit Fug und Recht davon ausgehen, dass kein Konzept hinter der damaligen Inhaftierung stand, welches die Pressefreiheit als antivölkisches und damit feindliches Ziel ansieht.
Diesen angehenden Autokraten in Washington lügen sich manche Linke zu einem halbwegs brauchbaren Sieger über die Queen of Corruption, Hillary Clinton, um. Aber er ist gar nicht das kleinere Übel. Er stammt aus dem gleichen Horrorkabinett, nämlich jener kleinen Schicht von Menschen die, wie er, entweder die Produktionsmittel beherrschen oder, wie Clinton, sich dafür bezahlen lassen, solchen Menschen willfährig zu sein. Aber was möglicherweise (es bleibt ein Hauch von Hoffnung) den USA innenpolitisch droht, wäre vermutlich (es bleibt ein Wind von Skepsis) unter Clinton nicht passiert. Dass ich ihn außenpolitisch nicht für friedvoller halte, sondern für aggressiver im Rüstungskurs (und vielleicht auch in der Anwendung der Rüstung gegen ungehorsame Konkurrenten auf den Absatzmärkten), sei angemerkt.
Seit der Machtübernahme der nationalistischen und rassistischen Kräfte in den USA ist jeder Tag durch ein schlimmes, ein boshaftes und reaktionäres Dekret bestimmt gewesen. Hunderttausende Frauen sind gegen diesen Präserdenten auf die Straße gegangen – und er hat nicht gezögert, die Abtreibung im Inland, aber auch im Ausland, zu erschweren, in dem er Beratung und Durchführung unter ein Finanzierungsverbot durch staatliche Gelder stellte. Er hat Obama-Care de facto erledigt. Er wird die Pressefreiheit noch weiter einschränken, als sie durch die Monopolisierung des Medienmarktes (Presse, Fernsehen, Radio, Netzpublikationen) sowieso schon ist. Neunzig Prozent aller Medien gehören fünf Konzernen, teilt der Wahlkampfleiter von Jill Stein mit.
Die Frauen, unter ihnen Angela Davis und andere Aktivistinnen afroamerikanischen Widerstands, wurden in einem Kommentar in der Zeitung „junge Welt“ als „verzogenen Blagen einer hedonistischen Konsumgesellschaft“ verunglimpft, die in Wut geraten sind, weil sie nicht bekommen, was sie wollen. Dass der Milliardär Soros — ein Einkommensgenosse des Präsidenten, aber nicht weltanschaulich verwandt — einige Dutzend Organisationen unterstützt, die unter den vielen hundert waren, die zu den Protesten aufriefen, wird stracks als Beweis der Käuflichkeit genommen. Diana Johnstone, die Autorin dieses kreuzdämlichen Beitrags wohnt in Paris und findet den Front Nationale gar nicht so schlecht, denn Marin le Pen vertritt, so meint die Journalisten, überwiegend linke Positionen. Wie, so scheint es, in ihrem kruden und verworrenen Weltbild es auch Donald Trump täte. Nicht nur die „junge Welt“ dient den Vertretern der Position, dass Rassismus, Nationalismus und im Zweifel Faschismus eine lässliche Sünde sei, solange sich die von diesen Krankheiten befallenen Länder nicht imperialistisch gebärden würden. Wer so denkt hat nicht mehr alle roten Sterne am weltanschaulichen Firmament. Die Dame aus Paris jedenfalls leidet unter einem stark bewölkten Nachthimmel.
Nicht nur also die „junge Welt“ wird zur Verbreitung rechtsgewendeter Gedanken missbraucht. Sie sind allüberall. Einerseits beängstig es, dass sowohl ehemals gestandene und nun umgefallene Linke solche Trumprelativierung betreiben, sondern auch Mitglieder bürgerlicher Parteien. Andererseits zeigt es, dass das allgemeine Irresein eben ein allgemeines ist. Es sind nur wenige, aber sie desavouieren ihre jeweilige Organisation in erheblichem Maße. Wir kennen diese Situation aus der Weimarer Republik. Dort befiel manchen bürgerlichen Parteigänger und machen Genossen aus SPD, USPD und KPD durchs rechte Erstarken eine erhebliche linke Schwäche. Jetzt freuen sich Pazifisten hie und Antiimperialisten da, dass Trump die NATO obsolet findet. Verstehen aber nicht, dass er nicht das Militärbündnis, sondern die Finanzierung meint. Sein Kriegsminister hat es zwar schon klar gestellt, aber was so ein enthusiastischer Relativieren nicht hören mag, hört er auch nicht. Trump will nicht weniger NATO, sondern mehr Rüstungsausgaben der Mitgliedstaaten, er will nicht weniger US-Militär, sondern höre US-Rüstungsausgaben, er will auch nicht weniger aggressiv sein, als Bush und Obama. Die Drohnenmorde sind nicht eingestellt. Der IS soll nicht mehr nur besiegt werden, er soll vom Antlitz der Erde getilgt werden. Warten wir ab, was sich aus der Ankündigung ergeben wird, dass man die Gebietsansprüche der Chinesen im Süd-Pazifik verhindern will.
 
Eines aber soll nicht vergessen werden. Die Wahl zwischen Pest und Pest hat in erheblichem Maße die Bundesleitung der Demokraten zu verantworten, die mit politischen Taschenspielertricks Bernie Sanders verhinderte. Das Ergebnis insgesamt aber ist einem vollkommen undemokratischen Wahlsystem geschuldet, dass nicht nur Kandidaten wie Jill Stein dauerhaft klein hält, sondern auch nicht die jeweiligen Stimmenanteile des Zweiparteiensystems real berücksichtigt. Clinton hatte mehrere Millionen Stimmen mehr als Trump.
Sanders hätte vermutlich gegen Trump gewonnen, auch weil ihm nicht nur große Teile der weißen Mittelschicht gewählt hätten, sondern weil er, anders als Trump, auch die Stimmen der afroamerikanischen und lateinamerikanischen Wählerschaft zu einem großen Teil bekommen hätte. Anders als Trump hätte er nicht eine, sondern keine, Kapitalfraktion repräsentiert und wäre auch nicht fast ausschließlich durch das “weiße” Amerika gewählt worden.
Photo: The White House

Artikel über die Festnahmen

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