Auf die Idee, die Deutschen als Handlanger der Moslems zu bezeichnen und folglich die Gaskammern als Produkt des Großmuftis, ist bislang niemand gekommen. Selbst von Menschen mit anerkannten Wahnbildern ist diese Reinwaschung der Nazis nicht bekannt. Dazu muss erst ein offenbar von allen guten Geistern verlassener israelischer Premierminister seinen Wahnvorstellungen Worte verleihen. Wer gegen die Leugnung des Holocaust durch die Konferenz in Teheran vor einigen Jahren protestiert hat, kann diesen Unsinn nicht hinnehmen. Auch nicht in Israel.
Wer Hitler, Himmler, Eichmann und die großen Teile des deutschen Volks, die als Denunzianten, SS-Chargen und KZ-Wächter Juden ermordet haben oder den industriellen Mord beförderten, dermaßen auf die Stufe von Handlungsgehilfen stellt muss einen Gegenwind spüren, der ihn von seinem Amt weht.
Reflexartig und wie üblich wadenbeißerisch und labernd haben sich Teile der sogenannten Antideutschen sofort an die Verteidigung des israelischen Premiers gemacht. So flüssig wie sonst geht es ihnen aber nicht von Lippe und Stift. Entscheidungen stehen an:
Nehmen sie die Äußerungen hin, sind sie also mit Netanjahu der Meinung, der Großmufti von Jerusalem hätte die Nazis, die nur die Ausweisung der Juden gewollt hätten, erst zu Mord und Totschlag angestachelt („Verbrennt sie“), könnte man sich ohne Verbiegung in die nächste Pegida-Demo einreihen. Denn dann ist alles gut, nur die Moslems nicht. Deutschland gut. Nation gut. Moslems böse.
Und die schändlichen Islamisten will die Pegida ja ausweisen. Da könnte man dann als geläuterter Deutscher doch in den Schoß des Volkes zurückkehren. Der Feind wäre erkannt, der Feind von Juden und Deutschen: der verschlagene Jünger Mohammeds.
Die anderen, die nicht so leichtfertig sind (und ich meinte den vorigen Absatz nicht nur polemisch, sondern halte das für eine denkbare Entwicklung), stehen nun vor dem Dilemma, dass der Präsident Israels ihr völlig richtiges Feindbild zerschlagen hat. Der deutsche Antisemitismus, der Teil der besonderen Art des deutschen Faschismus war, ist durch Netanjahus Worte relativiert worden. Wie aber geht man mit jemandem um, der solche Thesen in die Welt setzt? Wie geht man mit der eigenen, der antideutschen Sicht auf Israel und seiner Regierung um. Jahrzehntelang war es in diesen Kreisen üblich, die israelischen Regierung mit deutscher Treue zu verteidigen, was immer sie auch tat. Das hatte manchmal schon wagnerische Dramatik und mutete nibelungisch an. Die linke Opposition in Israel verkam im verengten antideutschen Blick zum „Hausjudentum“ der Antisemiten. Und nun? Die nationalistische, reaktionäre und in Teilen rechtsradikale Regierung Israels wird von einem Mann geleitet, der sagt: Hitler hätte nur die Ausweisung der Juden gewollt, aber der Großmufti hätte ihn überredet, sie doch lieber umzubringen. Was macht man da mit der eigenen Position? Kann man sich da noch besinnen und sich die Opposition hinsichtlich der möglichen Bündnispartner für Frieden und Ausgleich sondieren? Oder wendet man sich mit? Vertritt man Netanjahus krude Thesen nun selbst? Und zu welchem Preis? Wird dann nicht doch eher eine neue Querfront angestrebt werden, eine weitere, zu der in manchen Teilen der Antideutschen schon bestehenden bellizistischen und rassistischen Querfront? Wird es, nicht bei allen, nicht bei vielen hoffentlich, zu einer auf die Nation gegründeten neo-völkischen Querfront kommen, die sich auf das Heilige Deutschland samt christlich-jüdischem Erbe beruft?
Oder passiert am Ende gar nichts? Weil schon alles passiert ist, weil es das alles schon gibt: Die Pamphlete, in denen Bomben auf Teheran gefordert wurden, die antiislamistischen Aufmärsche auf denen Israelfahnen wehten, wie in Bonn letztes Jahr? Die Nibelungentreue zu jeder Regierung Israels? Die Ablehnung der israelischen Friedensbewegung, der Opposition dort? Und wäre dann die Rede Netanjahus vor dem zionistischen Kongress nichts als Propanda. Aber Propaganda mit welchem Ziel? Und wird man dann, da alle die Entwicklungen doch schon laufen oder gelaufen sind, davon sprechen, dass ein israelischer Premierminister das noch wird sagen können? Und beantwortet sich meine Frage, welches Ziel die Propaganda hätte durch die Tatsache eines Krieges?
Foto: MathKnight, Quelle: Wikipedia, Lizenz: CC-AS 4
Letztendlich und immer wieder: die jüdische Religion von der jeweiligen Politik trennen! Beides betrachte ich getrennt.