Shakespeare Sonett 121

von | Juli 29, 2025 | Allgemein | 0 Kommentare

Einundzwanzig Sonette sind keine große Auswahl aus der Menge von einhundertvierundfünfzig. Allerdings kam es mir auch nicht darauf an, den Dutzenden guter Übersetzungen und Nachdichtungen eine weitere komplette Arbeit hinzuzufügen. Ich habe mir erlaubt, 21 Sonette zu wählen, die ich für eine gute Sicht auf meine Interpretation der sexuellen Ausrichtungen Shakespears hielt.
Für mich steht außer Frage, dass Shakespeare – zumindest – bisexuell war. Die Einschränkung lässt nicht zu, anzunehmen, er wäre straight gewesen, also heterosexuell, die Einschätzung, er sei homosexuell gewesen hingegen, halte ich für durchaus vertretbar.
Gegen sie spräche nicht, dass es ganz offensichtlich auch Liebesgedichte mit weiblichem Adressaten gibt; denn wir kennen die Reihenfolge der Sonette nicht (die Nummerierung stammt vom Drucker, nicht vom Dichter) und ein spätes Coming-Out wäre nichts, was uns verwundern dürfte.

Rictor Norton, dessen Essay wir zum ersten Male in deutscher Sprache abdrucken, führt den Aspekt einer möglichen Homosexualität fundiert aus.
Ich neige zudem zu der Annahme, Shakespeare sei Sadomasochist gewesen. Damit wäre er, der die gute literarische Gesellschaft in Person ist, nicht in einer schlechten: Juvenal, Petronicus oder Mirandola wären ihm, gemeinsam mit vielen anderen Autoren von der hellenistischen Klassik bis zur Renaissance, vorausgegangen. Es ist also keinesfalls ein auffälliges Kennzeichen von Dichtung, wenn diese – auch – sadoasochistische Inhalte kolportiert. Beim Lesen der Sonette also wurde für mich klar, was ich schon in manchen Stücken wie im Nebel sah: Eine Affinität zu eben dieser Sexualität. Eine Auswahl also als eine Art von literarischem Agitprop gegen den Versuch, Dichter für die Bücherregale behaglicher und angepasster Großbürgerlichkeit in passgerechte Form zu pressen.

Ich hatte im Laufe der Entstehung meiner Nachdichtungen einige launige Gespräche mit Literaturwissenschaftlern, die mich mit Petrarca und Zyklen, mit psychologischen Vermutungen, mit allem, was geeignet schien, davon zu überzeugen trachteten, Shakespeare sei auf gar keinen Fall bisexuell, geschweige denn gar homosexuell gewesen. Mir jedoch schienen alle diese Argumente nichts anderes zu sein, als der Versuch, sich den literarischen Herrgott für die heimische, die großbügerliche Bücherwand zurecht zu schnitzen.

Ich habe nicht versucht die Jambenzahl zu erhalten. Dazu war mir die Nachdichtung in deutscher Sprache zu wichtig. Ich wollte vermeiden, dass sich die Zeilen verdrehen, wie Regenwürmer auf dem Grillrost der Formalitäten.

Meine Arbeit wurde beflügelt durch die wunderbaren Zeichnungen, die Julia Theveßen zu meinen Nachdichtungen angefertigt hat.

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Nachdichtung: Leander Sukov
Titel: Ist besser, verdorben auch zu sein
Verlag: Kulturmaschinen
ISBN: 9783940274052
Nur noch antiquarisch

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