Monday, Monday …

by | Apr 12, 2014 | Wort & Freiheit | 0 comments

300px-Solid_black.svgDie Probleme der und mit den sogenannten neuen Montagsdemos, also mit Ken Jebsen und Konsorten, wiegen nicht so viel, wie manche glauben und liegen im Zerfall linker Intellektualität ebenso, wie im Verfall linker Massenwirksamkeit.
Die Probleme wiegen deshalb nicht so schwer, weil zwar Teilnehmer, längst nicht alle nehme ich an, der Demonstrationen glauben, sie wären etwas, das sie "das Volk" nennen. Aber sie sind es gar nicht. Das Volk sind alle hier. Inklusive Mehdorn und Merkel, Kauder und Katzenberger, Sigmar Gabriel und Gunter Gabriel. Das sind die Bauern aus Oberbayern, die Techniker im Hamburger Hafen und die Lufthansapiloten. Auf jeder Esoterikmesse läuft mehr Anteil vom Volk auf, als auf den Demonstrationen.
Das andere, das größere Problem, ist, dass wir nicht das Kind mit dem Bade ausschütten dürfen. Selbstverständlich ist es problematisch, dass sich Ken Jebsen und Organisatoren nicht distanzieren von Reichsdeutschen, Freunden der Reichsflugscheibe, Menschen, die glauben Rothschild würde die Fed (die man so schreibt und nicht FED und die keine Privatbank ist) kontrollieren und den ganz normalen links, wie rechts anzutreffenden Antisemiten. Das mag vielleicht seinen Grund darin haben, dass man eine Klammer schaffen will, um auf diese Irren einzuwirken. Nicht nur mir scheint das falsch zu sein. Ich denke, man muss sie marginalisieren und das Völkische in der rechten Ecken stehen lassen, bis es verschimmelt.
Auch spielt man mit Stereotypen, von denen manche antisemitisch sind. Die Behauptung die Fed sei schuld an allen Kriegen der letzten 100 Jahre bedeutet, dass man Deutschland aus der Kriegsschuld für den Zweiten Weltkrieg nimmt. Das mag unbedacht gesagt worden sein oder ist, das nehme ich eher an, eine Art von Verfolgungswahn. In jedem Fall ist es aus der Wirklichkeit hinausgeschoben und hinein in das Reich der Halluzinationen. Es hätte weder publiziert noch öffentlich gesagt werden dürfen. Die Aussage kam allerdings nicht, dies merke ich ausdrücklich an, von Ken Jebsen, sondern soll von Lars Mährholz kolportiert worden sein. Einlassungen dieser Art laden dazu ein Geschichtsklitterung und Relativierung zu betreiben. Und so dauerte es auch nicht lange, bis hier und da die eindeutig Rechten, die Faschisten, erkannten: Das ist der Weg Shoa und Krieg der Wallstreet anzuhängen. So etwas kommt heraus, wenn man als angehender Volkstribun unklar bleibt und sich von Verschwörung umgeben sieht. Natürlich bezogen sich die hundert Jahre auch auf den "Geburtstag" der Fed. Geschaffen hat man aber einen Tanzboden für Reichsdeutsche, Neofaschisten und großdeutsche Volkstümler.
Auch Ken Jebsen läßt immer mal wieder einen Satz fallen, der dazu führt, dass sich die doitschen Buben und Mädel recht wohl bei ihm fühlen. Wer, wie Ken Jebsen behauptet, dass die Zionisten Israel okkupiert hätten, wie die Nazis 33 Deutschland redet einen gefährlichen Unsinn. An dem Satz ist alles falsch. Einmal abgesehen davon, dass den Nazis 1933 die Macht übergeben worden ist, gibt es weder Vernichtungslager in Israel, noch ein Einparteiensystem, keine Gestapo und keine SA und SS. Jebsen spielt mit Einlassungen solcher Art ein gefährliches Spiel. Er muss das beenden, auch auf die Gefahr hin, einen großen Teil seiner sichtbaren und unsichtbaren Anhänger zu verlieren.

Die, die auf diese Montagsdemos gehen, sind indes keineswegs und keinesfalls alle rechts, esoterisch, fehlgeleitet. Nein, es sind in der Tat viele ganz normale Menschen darunter, die nicht seit Jahren politisch aktiv sind, es sind Mitglieder der LINKS-Partei darunter, Grüne, Sozialdemokraten, Kommunisten aller Schattierungen. Und das ist mir durchaus recht. Es wäre keine gute Idee, diese Veranstaltungen den rechten, von der AFD bis Reichsdeutschen, zu überlassen. Es ist die Aufgabe gegen krude Ansichten von der Welt anzukämpfen und das kann man in diesem Falle nicht aus der Ferne. Es ist aber auch nicht sinnvoll, diese Demonstrationen zu verstärken.
Man muss zurück zur eigenen Handlungsfähigkeit kommen. Ein langer Weg der da zu gehen ist. Und einer, der nur dann bewältigt werden kann, wenn man zuhört, wenn man über Trennendes hinweg zu einer Einheit der Demokraten kommt und dann, ich sagte es schon, die in der rechten Ecke stehen läßt, die dorthin gehören. Ein erster Schritt ist es, entschieden dem Unsinn entgegenzutreten, Links und Rechts gäbe es nicht mehr, und folglich auch keine Mitte, die wir aber brauchen, weil die bürgerlichen Demokraten von hoher Wichtigkeit sind. Diese Vernebelung ist schon in der Weimarer Republik immer nur von Rechts gekommen. Wer das Vorhandensein von politischen Richtungen verneint, offenbart seine. Er ist rechts.

Nachtrag:

Ich bin übrigens seit mehr als 40 Jahren politisch aktiv. Und ich kann versichern, wenn mehr als 20 Leute zusammensaßen, -standen oder zusammen demonstrierten in diesen 40 Jahren, konnte man davon ausgehen, dass mindestens einer dabei war, den es seitwärts aus der Wirklichkeit verrückt hatte, ein Verrückter also. Die gibt es überall. Aber meistens ist es gelungen, sie nicht auch noch Aufrufe schreiben und Reden schwingen zu lassen.

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