Die Freiheit des Wortes

by | Mai 11, 2013 | Wort & Freiheit | 0 comments

Es ist auf legalem Wege hierorts – und vermutlich auch in keinem anderen bürgerlichen Staat – unmöglich einen totalitären Adelsstaat zu errichten. Keine absolute Monarchie, kein Gottesgnadentum, nichts. Der bürgerliche Macht hat verfassungsrechtliche Vorschriften erlassen, die es verhindern sie und ihre Regularien dafür zu nutzen in die Zeit zurück zu fallen, die vor den bürgerlichen Revolutionen liegt. Das ist die Diktatur der bürgerlichen Herrschaft. Sie richtet sich in einem bürgerlich-demokratischen Rechtsstaat nicht gegen die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte, sondern blockiert die Wiederkehr einer überwundenen Gesellschaftsordnung.
So muss auch die Diktatur des Proletariats verstanden werden.
In einem bürgerlichen Rechtsstaat kann man das Wort für die Wiedereinführung der absoluten Monarchie führen. Sie erneut zu errichten ist verboten, nicht sie herbei zu wünschen. Man kann sich einsetzen für klerikale Herrschaftsformen, man darf auf den Staat schimpfen, sich ereifern, all das ist erlaubt. Man darf die Abschaffung des Kapitalismus fordern, also der Triebfeder des bürgerlichen Staats und damit das Ende des Staates selbst.
Die Freiheit des Wortes allerdings, ist eine Errungenschaft, die nicht an diese Gesellschaftsformation gebunden ist. Sie ist ein Grundrecht, welches grundsätzlich gilt. Sie hat auch Gültigkeit zu behalten, wenn der bürgerliche Staat überwunden worden sein wird. Der Wettstreit von Ideen, der Kampf um die Köpfe, sind notwendige evolutionäre Entwicklungsmechanismen einer freien Gesellschaft – und Sozialismus kann nur dann Bestand haben, falls er eine freie Gesellschaft ist. Eine allerdings, die sich Regeln schaffen muss, welche ausschließen, dass auf legalem Wege die überwundene Klasse und ihre Produktionsweise die Herrschaft wieder übernehmen kann. Es ist auszuhalten, wenn Menschen sich dafür einsetzen. Es ist ihr Recht darüber offen zu reden. Es wird nicht ihr Recht sein, es auch zu tun. So wie es das Recht von Monarchisten ist, vom Kaisertum zu sprechen und seine Wiedereinführung zu fordern.
Die Freiheit des Wortes allerdings hat Grenzen. Man hat jenen, die Rassismus, Völkerhass und Mord predigen das Wort abzuschneiden. Man darf sich gegen Lügen und falsche Behauptungen wehren und Widerruf fordern. Beides allerdings hat fallbezogen und öffentlich zu erfolgen. Die straf- und zivilrechtliche Verfolgung muss durchschaubar sein und vor allem revidierbar.
Die Freiheit des Wortes hat also einen dauerhaften ethischen Wert. Er ist ein Teil der Wertedialektik. Die Freiheit des Wortes hat aber auch einen strategischen Wert. Gesellschaften, die die individuellen Freiheiten unterdrücken scheitern. Sie zerstören die sie tragenden Kollektive, weil ihre Staatsethik mangelhaft ist. Wer spricht, wo er nicht sprechen darf, wird lauter gehört als der, der spricht, wo alle sprechen.

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